Soll Einzug halten in unsere vier Wände
Die Jüngeren kennen diese Art von Schränken wohl nicht mehr. Aber über Jahrzehnte haben sich diese Holzkästen mit Rollladen tapfer in den hiesigen Amtstuben gehalten. Meist hat sich durch langjährige UV Einstrahlung das Eichenfurnier deutlich in Richtung orange verfärbt aber irgendwie waren diese Möbelstücke aus den 1950er und 1960er qualitativ nicht wirklich schlecht. Man sah dem Schrank an, dass er bereits ein langes Arbeitsleben hinter sich hat und mein Ziel beim Aufarbeiten war, diese Spuren nicht verschwinden zu lassen. Aber farblich passt orangefarbenes Holz nicht so ganz zu unserer Vorstellung von Holzmöbeln. Leider habe ich es versäumt, begleitend zu den Arbeiten Fotos zu machen. Aus diesem Grund gibt es nur die Endergebnisse.
Wie kommt man zu so einem Schrank vom Amt
Ganz einfach. Der Schrank war noch zu gut zum Wegwerfen aber zu sperrig um ihn herum stehen zu lassen. Also hat mich unsere liebste Nachbarin gefragt ob ich nicht Verwendung hätte. Spontan habe ich gleich ‚ja‘ gesagt. Kann man ja nicht wegwerfen das gute Stück, da ja auch allein der Rollladen als Tür den ganzen Schrank zu etwas Besonderem macht. Was daraus werden sollte musste ich mir zuerst noch überlegen. Meine Frau war nicht ganz so hellauf begeistert von dem großen orangefarbenen Ding. Zumal es ja auch nich etwas dauern sollte bis ich Zeit fand das Projekt zu starten. Also habe ich mir immer wieder den Korpus angeschaut und mir überlegt wie ich den Rollladen, möglichst ohne etwas zu zersägen, heraus bekomme. Dabei habe ich schnell gesehen, dass der Korpus aus Tischlerplatten besteht. Also eigentlich Nadelholzlatten zwischen zwei ordentlichen Lagen Furnier. Außen ist schöne Eiche, innen halt Buche, das Ganze aus einer Zeit wo der Pressspahnwahn noch nicht existent war. Industriell gefertigt aber mit Zapfenverbindungen und verleimt. Die Rückwand aus Sperrholz.
Bei den Rollläden wollte ich das Gewebe erneuern, da es im Laufe der Zeit etwas versprödet ist und auch über die Jahre einfach nicht mehr nach frischem Sackleinen roch. Außerdem habe ich mir in den Kopf gesetzt, die Läden farblich durch chemisches Räuchern mit Salmiak abzusetzen. Darum musste sie aus dem jeweileigen Korpus raus.
Beim Unteren musste einfach eine Verleimung gelöst werden. Dazu einen feuchten Lappen auf die Leimstelle legen, warten und mit einem Keil die Zapfenverbindung aufsprengen.
Beim oberen Teil hätte ich die Rückwand teilweise und den Boden komplett entfernen müssen. Da ich jedoch einen weiteren farblichen Kontrast einbauen wollte, entschied ich mich dazu, einen Streifen des Bodens herauszusägen und dafür eine passende Leiste aus Esche einzubauen. Weil allerdings keine Tischlerplatte mit Eschenfurnier aufzutreiben war, entschied ich mich für ein Stück Massivholz :-).
Den Leim mit dem das Gewebe auf die Rückseite des Rollladens geklebt war konnte ich mittels Dampfbügeleisen gut lösen. Dazu habe ich den kompletten Rollladen in einen passenden Rahmen gelegt, einen Teil des alten Gewebes aus der Mitte entfernt und durch neues Sackleinengewebe ersetzt. So hatten die einzelnen Lamellen noch genügend Halt in der ursprünglichen Position. Nachdem der Leim gut abgebunden war konnte ich dann die beiden äußeren Teile entfernen und das neue Gewebe aufklappen und ankleben.
Weiter ging es dann mit dem Entfernen vom alten Lack. Jede aufgebrachte Oberfläche schützt – mindestens sich selbst. Für die beiden Rollläden habe ich insgesammt 14 Schleifnetze verbraucht. Enorm, wenn man bedenkt, dass es nur 2 Rollläden waren und sich ständig trotz Absaugung das Netz zugesetzt hatte. Nach dem Schleifen bis Korn 240 habe ich beide mit einer Schüssel Salmiak gut eingepackt und eine Nacht draußen platziert. Die Gerbsäure im Eichenfurnier dunkelt durch die Ausdünstungen des Salmiaks ordentlich nach und beim Öffnen der Folienbehausung sticht einem direkt ein Duft in die Nase bis hoch in den Hohlraum. Den ganzen Prozeß nennt man ‚räuchern‘.
Während das Amoniak langsam wieder die Rollläden verließ, habe ich aus dem restlich Eschenholz die Rahmen der beiden Auszüge für die schweren Akten gemacht. Die passenden Aussparungen waren ja schon in der entfernten Abschlußleiste des unteren Korpus. Die Abschlußleiste wurde dann noch mit neuem Eschenfurnier beklebt, bevor es dann an die Lackentfernung der anderen Teile ging.
Da ich keine weiteren Unmengen an Schleifnetzen verbrauchen wollte und Abbeizen bei furniertem Holz nicht immer gut gehen muss, habe ich versucht den Lack mittels Schaben vom Holz zu bekommen. Mit einem breiten Stecheisen die Klinge senkrecht auf das Holz gesetzt und gezogen. Das hat auch recht gut funktioniert, allerdings musste ich relativ oft einen neuen Grat an die Schneide anziehen, da das Stecheisen recht schnell seine Schärfe verlor.
Lack ist erst mal weg
…und es soll keiner mehr hin. Die Oberflächen sollen geölt und später vielleicht noch gewachst werden. Das Schrankinnere soll zukünftig nicht mehr nach Buche aussehen und stattdessen dunkel gebeizt in einem used look neu erstrahlen. Mit Pulverbeize wird das innenliegende Buchenfurnier dunkel eingefärbt. Nach dem Trocknen habe ich dann an einigen Stellen die Beize mit einem feuchten Schwamm wieder abgelöst.
Jetzt wo der Schrank innen so schön dunkel ist fehlt es etwas an Licht. Darum fräse ich mit dem Parallelanschlag hinter der Führungsnut für den Rollladen eine weitere 5 mm breite Nut für eine Lichtleiste. Anfänglich habe ich überlegt kleine Microschalter einzubauen. Aber auf der Suche bin ich immer wieder auf eine ‚Mindestschaltzyklen‘ Angabe gekommen und mich dann gefragt: Wenn dann der Schalter doch mal kaputt geht – gibt es dann einen passenden? Der Schrank wird schon halten, da mache ich mir keine Sorgen.
Die Einlegeböden habe ich ebenso mit Pulverbeize abgetönt und geölt, allerdings nicht dunkel – eher passend zu den Außenwangen. Die Stirnseiten habe ich dann noch mit neuen Leimkanten bezogen und nach knapp 2 Wochen Arbeit ist aus einem orange anmutenden Aktenschrank ein kontrastreicher Kleiderschrank für die alltägliche Bekleidung entstanden. Die Tiefe von 40cm ist dafür ideal und wenn man spät abends oder früh morgens an den Schrank geht wird das smarte Licht bis zum gewünschten Grad hochdimmen.
So schaut der Schrank jetzt aus
Nach dem alles geschliffen, mit Leinöl und etwas Orangenöl (nur beim ersten Auftrag 5..10%, damit das Öl besser eindringt) eingelassen wurde, braucht der Schrank noch etwa 2 Wochen bevor nochmals geölt wird. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wenn nach der Aushärtung nochmal eine Schicht Öl aufgetragen wird die Oberfläche deutlich länger ihren Glanz behält. Weiter bin ich noch am Überlegen, die Griffe zu ersetzen da sie deutlich abgenutzt sind. Leider findet man nicht ganz so einfach schöne, wertige Griffe aus dieser Zeit, sodass ich darüber nachdenke meine Griffe anzubringen. Bei den Einlagen für die Auszüge bin ich mir noch auch noch nicht ganz sicher, darum habe ich sie bislang auch noch nicht verklebt.